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Gesunde Ernährung?
Darf Essen Spaß machen?

(Vortrag im Dompfarrheim beim Monatstreff am Nachmittag, 14.11.2012)

Das Thema, das Frau S. und ich für diesen Nachmittag gewählt haben, mag den einen oder anderen von Ihnen überrascht haben. Ist denn Essen nicht etwas völlig Normales, dient die Nahrungsaufnahme nicht in jedem Fall unserer Gesundheit? Verknüpfen wir, wenn wir an Essen denken, damit nicht von jeher angenehme Empfindungen? Macht Essen denn nicht von Haus aus Spaß? Wer so denkt, hat recht. Dennoch: seit geraumer Zeit ist ein Heer von Ernährungsberatern, unterstützt von Presse und Fernsehen, nicht selten auch von Ärzten, bemüht, uns klar zu machen, dass wir uns falsch ernähren. Zucker macht dick und führt zu Diabetes, Fett macht noch dicker und verstopft unsere Blutgefäße und schließlich das böse Cholesterin, das im Hühnerei auf uns lauert und uns mit einem frühen Tod durch Herzinfarkt bedroht. Also: "gesund" ernähren sollen wir uns, was vor allem bedeutet, uns von all dem zu verabschieden, was uns früher einmal Freude gemacht hatte. Wenig Zucker, ganz wenig Fett und vor allem: Kampf dem bösen Cholesterin. Diese ständigen Ermahnungen und Warnungen bleiben nicht ohne Folgen, sie lösen in vielen Menschen Ängste aus und ich möchte mit Ihnen heute Nachmittag nicht nur darüber nachdenken, ob diese Ängste berechtigt sind, sondern auch versuchen, sie abzubauen und Ihnen Mut zu machen, angstfrei mit einer schmackhaften Kost Freude am Essen (wieder) zu gewinnen und zu erhalten.

Dabei sollte uns ein Wort des Philosophen Emmanuel Kant leiten, der vor gut 200 Jahren gesagt hat: "Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" Das wollen wir uns zu Herzen nehmen. Wenn wir also ein wenig über diese Dinge nachdenken dann ist es allerdings schon aus zeitlichen Gründen unmöglich, das Thema auch nur annähernd erschöpfend zu behandeln. Ich beschränke mich daher auf die offenbar besonders wichtige Frage nach der Bedeutung der Fettzufuhr in unserer Ernährung und, damit ganz eng verknüpft, mit dem Problem des Cholesterins. Wir werden also u.a. uns fragen, ob der regelmäßige Verzehr z.B. eines Hühnereis zum Frühstück tatsächlich schädlich ist für unsere Gesundheit.

Zuvor mag aber eine Anmerkung nützlich sein: einen sehr großen Teil der Weltbevölkerung berührt unser Thema überhaupt nicht, weil es leider unzählige Menschen auf der Erde gibt, für die sich Tag für Tag nicht die Frage stellt, ob das, was sie essen "gesund" sei oder nicht, sondern ob sie überhaupt etwas zu essen bekommen. Die würden sagen: "Eure Sorgen möchten wir mal haben!". Aber auch, wenn wir das mit bedenken, so ist es doch eine Tatsache, dass viele Menschen hierzulande das Problem gesunder Ernährung intensiv beschäftigt, wie man an der Fülle von Presseartikeln und Fernsehsendungen ablesen kann, die sich zu solchen Fragen äußern.

Zu Beginn sollten wir uns aber zunächst einmal einige ganz schlichte Tatsachen in Erinnerung zu rufen.

Jedes Lebewesen, also auch der Mensch, muss regelmäßig Nahrung und Flüssigkeit zu sich nehmen, um zu überleben. Diese lebenswichtige Nahrung besteht aus drei Grundbestandteilen: Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate (Zucker). Dazu kommen dann noch einige Vitamine, die aber auch in normaler Nahrung in ausreichender Menge vorhanden sind. Kochsalz nicht zu vergessen!

Um zu verstehen, worum es im Folgenden geht, mag ein Blick in die Vergangenheit nützlich sein. Wie war das früher, etwa vor 15 000 Jahren, als unsere Vorfahren, die Neandertaler lebten? Weckte da etwa die Frau Neandertaler den Herrn Neandertaler mit dem fröhlichen Ruf: "Schatz, steh auf, die Sonne scheint, das Frühstück ist fertig!"? Natürlich nicht, sondern beide erhoben sich missmutig mit knurrenden Mägen und hatten schon zu Tagesbeginn das Problem, etwas Nahrhaftes zu finden oder zu erbeuten. Manchmal gelang das irgendwann im Lauf des Tages, manchmal auch nicht. Es wechselten also Hungerperioden ab mit Zeiten, in denen man plötzlich eine große Menge Essbares fand. Daraus lässt sich auch mühelos schließen, dass so etwas wie feste Essenszeiten und bestimmte Essgewohnheiten keine biologische Notwendigkeit, sondern kulturell bedingt sind. Südländer essen zum Frühstück fast nichts, dafür umso mehr am späten Abend. Auch das schadet keineswegs ihrer Gesundheit. Seinerzeit also aß man, was man fand, und man verzehrte es in Gemeinschaft. Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, irgendwo in einem stillen Winkel rasch für sich allein etwas hinunterzuschlingen, sozusagen Fast Food im Neandertal. Nein, Essen, wenn es denn etwas zu essen gab, war schon zu den allerfrühesten Zeiten etwas, das sich in der Gemeinschaft der Familie oder des Dorfes abspielte, es hatte etwas von einem Fest. Wir wollen diesen Gedanken schon mal im Hinterkopf behalten.

Sehr früh schon lernten unsere Vorfahren den Gebrauch des Feuers, sie lernten, dass sich Gekochtes, sei es Fleisch, seien es pflanzliche Produkte, leichter kauen ließ als roh Belassenes und sie lernten schließlich - und das war ein sehr großes Fortschritt in der Entwicklung - , Ackerbau und Viehzucht zu betreiben und damit Nahrung selbst herzustellen. Niemals jedoch hatten unsere Vorfahren Anlass sich zu fragen, ob der Verzehr dessen, was sie fanden, erbeuteten oder anbauten und züchteten, evtl. ihrer Gesundheit schaden könnte, zumindest nachdem sie gelernt hatten, giftige Pflanzen als solche zu erkennen und zu meiden.

Trotz aller Hungerkatastrophen, die es immer wieder gab, hat die Menschheit nicht nur überlebt, sondern sich auch noch kräftig vermehrt und das ganz ohne Ernährungsberatung. Das ging auch hierzulande so bis nach dem letzten Krieg. Mancher von uns wird sich noch an die ersten Nachkriegsjahre erinnern, als man froh war, wenn es überhaupt etwas zu essen gab. Erinnern wir uns bei dieser Gelegenheit auch an unsere eigenen Mütter und Großmütter: die haben gekocht und wir Kinder haben gegessen und die meisten von uns haben sich dabei prächtig entwickelt. Wenn uns damals jemand mit "Ernährungsberatung" gekommen wäre, hätten wir ihn hohnlachend davongejagt. Aus heutiger Sicht kann man sich überhaupt fragen, wie die Menschheit so lange ohne deren wissenschaftliche Erkenntnisse überleben konnte.

Dann kam das Wirtschaftswunder und mit ihm das, was wir heute in der Rückschau als "Fresswelle" bezeichnen. Es bestand nach den dürren Nachkriegsjahren ja auch genügend Nachholbedarf.

Und plötzlich, etwa in den späten 50er, frühen 60er Jahren, gingen an allen Ecken und Enden Warnlampen an: Vorsicht! Gefahr! Zucker (macht dick!), igitt; Fett (macht noch dicker), igitt, und das Allerschlimmste: Cholesterin (Verursacht Arterienverkalkung und Herzinfarkt!), igittigitt!!! Alles, was bis dahin beim Essen Spaß gemacht hatte, weil es nämlich gut schmeckte, war plötzlich gesundheitsschädlich. In dieser Aufzählung fehlt nur noch das Kochsalz, ein extrem wichtiger Bestanteil unserer Ernährung. Das Salz war ja nicht nur im Mittelalter die wichtigste Handelsware, viele Ortschaften haben vom Salz ihren Namen (nämlich z.B. alle mit "Hall"). Jetzt sollte dieser lebenswichtige, wertvolle Stoff hohen Blutdruck und Schlaganfall verursachen. Nun also tönte es von allen Seiten: ernährt euch gesund! Damit war gemeint: Wenig Salz, kaum Fett, und vor allem: Kampf unserem Hauptfeind, dem Cholesterin! Das Ergebnis kann man u.a. als Produkt moderner Großküchen zur Kenntnis nehmen: Fettarm, salzarm, trostlos, fade. Fragen wir nach: Was ist da passiert? Warum vermiest man uns all das, was uns bisher Freude gemacht hatte? Warum nimmt man uns mit wichtigen Zutaten den Spaß am Essen?

Alles begann in den USA. Durch eine dort in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts durchgeführte Untersuchung - Framingham-Studie - kam der Verdacht auf, es könnte ein Zusammenhang bestehen zwischen der Höhe des Cholesterinspiegels im Blut und dem Risiko, an einem Herzinfarkt zu erkranken. Auf die Einzelheiten kann ich an dieser Stelle nicht eingehen. Jedenfalls führte das zu der Schlussfolgerung: wenn es gelänge, den Cholesteringehalt im Blut zu senken, dann sollte es weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sprich: weniger Herzinfarkte geben.

Hier nun wollen wir uns fragen, was das eigentlich ist:

Cholesterin

Um es gleich ganz deutlich zu sagen: Cholesterin ist kein Gift, sondern ein lebensnotwendiger Bestandteil unseres Organismus. Es findet sich in jeder Körperzelle, hat dort die Aufgabe, die Membranen zu stabilisieren. Gelänge es, das gesamte Cholesterin aus unserem Körper zu entfernen, würden wir wie ein leerer Sack in uns zusammenfallen. Darüber hinaus ist Cholesterin der Grundstoff, aus dem wichtige Hormone hergestellt werden, wie die Sexual- und Stresshormone (Cortison), des weiteren Vitamin D, das wir für Haut und Knochen benötigen und schließlich auch die Gallenflüssigkeit, die wir für die Fettverdauung brauchen. Es sollte auch zu denken geben, dass 10% der Gehirnsubstanz aus Cholesterin bestehen und dass das wertvollste Nahrungsmittel, das wir kennen, nämlich die Muttermilch, einen sehr hohen Anteil an Cholesterin enthält. Das ist deshalb wichtig, weil der Säugling in den ersten Lebensmonaten Cholesterin noch nicht selbst herstellen kann, es aber für seine Entwicklung dringend braucht. Wir wissen schon lange, dass gestillte Säuglinge sich körperlich wie geistig im Allgemeinen schneller und besser entwickeln als Flaschenkinder, dank Cholesterin!

Und wie ist das mit dem Hühnerei? Sie ahnen es schon: in einem Hühnerei steckt deshalb so viel Cholesterin, weil es ganz wichtig für die Entwicklung des Kükens ist. Immerhin ist das Hühnerei ja von der Natur ursprünglich nicht zur Weiterverarbeitung als Spiegelei oder für den Marmorkuchen gedacht, sondern als Brutkasten für ein Hühnerküken. Dieser Brutkasten enthält - o Wunder der Natur - alles, was der kleine Vogel braucht, um eines Tages als putzmunteres Hühnchen aus dem Ei zu schlüpfen, vor allem halt Cholesterin!

Wir lernen aus all dem, Cholesterin ist nicht nur für das junge Huhn wichtig, sondern eben auch für uns und weil das so ist, sind wir in der Lage, es selbst zu produzieren (nur etwa 10% des Bedarfs stammen aus der Nahrung - eine Tatsache, die uns gleich noch beschäftigen wird) und der Körper sorgt dafür, dass der Blutspiegel konstant bleibt. Hier gibt es individuelle Unterschiede, wenn man so will, hat jeder von uns "seinen" Cholesterinspiegel im Blut, der sorgfältig konstant gehalten wird. Das wird durch einen sehr fein abgestimmten Regelmechanismus erreicht: wenn viel Cholesterin z.B. mit der Nahrung zugeführt wird, scheidet der Körper vermehrt Cholesterin über die Leber aus. Im umgekehrten Fall wird mehr gebildet. Dabei kreisen nur 2% des Gesamtcholesterins im Blut, der Rest sitzt da, wo er hingehört, nämlich in den Körperzellen.

Wir reden vom Cholesterinspiegel, also von der Menge an Cholesterin, die bei einer Blutuntersuchung gemessen werden kann und fragen: welcher Wert ist eigentlich normal? (Dabei vermute ich, dass einige von Ihnen Ihren Cholesterinspiegel kennen). Um das festzustellen, reicht es, einmal möglichst viele gesunde Personen daraufhin zu untersuchen. Das ist auch gemacht worden und man hat festgestellt, dass die Mehrzahl der Menschen, egal wo sie leben und wie sie sich ernähren, einen Cholesterinwert zwischen 230 und 240 mg/dl hat (mit Abweichungen nach oben und nach unten). Hier hat man nun begonnen zu überlegen: wenn ein höherer Cholesterinwert ein Risikofaktor für einen Herzinfarkt ist, dann wäre es sinnvoll, den Cholesterinspiegel im Blut zu senken. Man hat das zunächst mit Diät versucht, aber bald festgestellt, dass das nicht zum Erfolg führt, weil eben der Organismus erfolgreich bestrebt ist, den Cholesterinspiegel konstant zu halten. Er kämpft gewissermaßen um sein Cholesterin. Es ist also egal, ob jemand mit der Nahrung viel oder wenig Cholesterin zu sich nimmt, der Blutspiegel bleibt ziemlich konstant. Da schlug nun die große Stunde der Pharmaindustrie. Sie hat Medikamente entwickelt, die den Cholesterinspiegel dadurch senken, dass sie die Produktion im Körper blockieren. Wenn weniger produziert wird, sinkt der Blutspiegel. Gleichzeitig hat man den gewünschten Zielwert nach und nach abgesenkt und diesen abgesenkten Wert zum Normalwert erklärt. Zurzeit ist man bei 190-200 mg/dl. Folge: völlig gesunde Leute werden zu Kranken erklärt und mit Tabletten behandelt. Für die Pharmaindustrie ist das - das kann man sich ruhig mal klarmachen - der größte Werbeerfolg aller Zeiten. Der Umsatz von cholesterinsenkenden Medikamenten betrug im Jahre 2006 weltweit 24 Milliarden Dollar! (Das entspricht etwa dem gleichen Betrag in Euro, somit etwa 48 Milliarden DM (für diejenigen, die immer noch gern umrechnen). Das ist etwas mehr als der gesamte Haushalt der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1960.) Es wird niemanden verwundern, dass von Seiten der Industrie ein sehr großes Interesse daran besteht, durch zielgerichtete Veröffentlichungen dafür zu sorgen, dass das Bewusstsein der Bevölkerung für das Cholesterin wach und dieser Erfolg erhalten bleibt. Hinter der Forderung, schon bei gesunden Menschen (!) den Cholesterinspiegel zu senken, stecken also massive wirtschaftliche Interessen. Wenn man sich das einmal klarmacht, dann kann man daraus getrost die Konsequenz ziehen, sich bei jedem Ratschlag von außen zu fragen, wer etwas davon haben könnte, wenn man sich daran hält. Das gilt nicht nur für Geldanlageempfehlungen mancher Banker, es gilt leider auch hier! Fragen wir uns doch ruhig einmal: wer, außer uns selbst, sowie unseren Freunden und Verwandten könnte ein Interesse daran haben, dass wir, Sie und ich, gesund bleiben??? Stecken da vielleicht die Interessen Dritter dahinter?

Man könnte über all dem zur Tagesordnung übergehen, wenn da nicht ein schwerwiegendes Problem entstünde.

Wir müssen uns an dieser Stelle etwas Fundamentales klarmachen: unser Organismus ist ein hochkompliziertes Räderwerk, in dem tatsächlich ein Rädchen ins andere greift, sehr sinnvoll konstruiert und darauf gerichtet, uns das Überleben bei möglichst langer Gesundheit zu ermöglichen. Wenn man nun an einer Stelle eingreift, etwa indem man die Fettzufuhr drosselt oder mit Tabletten das Cholesterin absenkt, dann gerät dieses Räderwerk durcheinander. Jeder derartige Eingriff an einer Stelle hat Folgen an einer anderen.

Wie sieht es nun bei Fett und Cholesterin aus? Wenn man das absenkt, indem man kaum noch etwas zuführt oder seine Herstellung blockiert? Beim Fett sahen wir schon, dass es ebenso wie Eiweiß und Kohlenhydrate zu den Grundbestandteilen unserer Ernährung gehört. Die Zufuhr dieser Grundbestandteile in ausreichender (!) Menge sorgt nicht nur dafür, dass wir am Leben bleiben, sondern auch dafür, dass wir dabei zufrieden sind, dass wir uns wohlfühlen. Auch das nämlich gehört zur Gesundheit, die ist mehr als das Funktionieren unserer Organe!

Wir werden gleich mehr verstehen, wenn wir nach den Folgen fragen, die ein solcher Eingriff z.B. in den Fettstoffwechsel für uns haben kann und leider auch hat.

Zunächst einmal:
  1. Es fehlt jedweder Beweis, dass Menschen, die weniger Fett essen, länger leben oder seltener einen Herzinfarkt erleiden. Das gilt auch umgekehrt. Denken wir an die Eskimos, die tierisches Fett in einer Menge zu sich nehmen, dass es jedem von uns Mitteleuropäern schon beim Gedanken daran den Magen umdreht. Sind die kränker? Mitnichten, im Gegenteil, die Herzinfarktrate liegt bei ihnen sehr viel niedriger als anderswo, was letztlich wohl an der andersartigen Lebensweise liegt. Auch ihre Cholesterinwerte liegen im europäischen Durchschnitt. Übrigens: dass Herzinfarkte in den letzten Jahren nachweisbar seltener geworden sind, ist ein eindeutiger Erfolg der Kampagne gegen das Rauchen. Hier hat der Staat ausnahmsweise wirklich mal etwas zum Wohle von uns allen getan. Denn Nikotin und seine Abbauprodukte sind wirklich Gifte, sind wirklich hochgradig schädlich.
  2. Aber zurück zum Fett: Es besteht die Gefahr, dass sich der Körper sein Fett, das er ja benötigt, aber mit der Nahrung nicht ausreichend bekommt, auf andere Weise besorgt, nämlich über die Kohlenhydrate. Der Körper kann mühelos Kohlenhydrate in Fett umwandeln und das tut er dann auch. Wir erleben das z.B. in den USA: statt von Fett leben die Leute von Chips und dem Zuckergetränk Coca Cola. Das Ergebnis einer solchen Kohlenhydratmast kann man dort vielerorts besichtigen.
  3. Fettreduzierte Diäten drücken auf die Stimmung. Es scheint ein Zusammenhang zu bestehen zwischen der Menge des Fettes bzw. des Cholesterins im Blut und dem Serotoninspiegel. Serotonin ist ein Botenstoff im Gehirn, der unsere Stimmungslage beeinflusst. Es besteht ein gut gesicherter Zusammenhang zwischen niedrigem Cholesterinspiegel und depressiven Verstimmungen bis hin zu einer erhöhten Selbstmordrate.
  4. Schließlich korrelieren die intellektuellen Fähigkeiten mit den Blutfetten. Das wusste schon Shakespeare, der seinen Julius Cäsar im gleichnamigen Drama sagen lässt: "Lasst wohlbeleibte Männer um mich sein, mit dicken Bäuchen und die nachts gut schlafen!" Er meinte damit natürlich: intelligente Männer. Das menschliche Gehirn immerhin besteht vor allem aus Cholesterin und tierischen Fetten.
  5. Niedrigere Cholesterinspiegel verringern zwar ein wenig das Herzinfarktrisiko, erhöhen aber das Risiko, Schlaganfall und Krebs zu bekommen. Sie können es sich also aussuchen.
  6. Nicht zu vergessen: Fett ist ein ganz wichtiger Aromaträger. Fettarme (und salzarme) Speisen schmecken fade. Manche von uns schmecken es sofort, ob z.B. ein Kuchen mit Butter oder mit Margarine hergestellt wurde.
  7. Fett regt die Entleerung der Gallenblase an. Wird wenig Fett gegessen, können sich leichter Gallensteine bilden.
  8. Aus all dem können wir getrost den Schluss ziehen: Fett und Cholesterin sind kein Gift, sondern Dinge, die unser Körper dringend und zwar in ausreichender Menge braucht. Es gibt ernst zu nehmende Stimmen, die die Reduzierung der Fettzufuhr gerade zu als ein Gesundheitsrisiko bezeichnen.
Es ist vorhin schon angeklungen, dass es von Land zu Land unterschiedliche Essgewohnheiten gibt, ohne dass dies einen Einfluss auf die Gesundheit der Menschen hätte. Erwähnt wurden die sehr unterschiedlichen Gepflogenheiten z.B. in südlichen Ländern. Was für einzelne Länder gilt, gilt auch für jeden von uns. Unsere Nahrungsbedürfnisse sind so unterschiedlich wie wir selbst. Der eine bevorzugt dies, der andere jenes. Das ist auch völlig in Ordnung, wir haben schließlich auch nicht alle die gleiche Schuhgröße. Christlich gesprochen: wir sind von Gott als Individuen gewollt und das betrifft auch unsere Essgewohnheiten einschließlich unserer Vorlieben und Abneigungen.

Damit nähern wir uns auch der Beantwortung der Frage nach einer "gesunden" Ernährung und, damit verknüpft, der Beantwortung der Frage, ob Essen Spaß machen dürfe. Antwort auf die erste Frage: "Die" gesunde Ernährung, die also für jeden von uns in gleicher Weise gilt, gibt es nicht, kann es nicht geben. Gesund ist das, was jedem von uns bekommt. Eine ausgewogene Mischkost aus Kohlenhydraten, Fett und Eiweiß, wobei jeder Mensch naturgemäß und völlig zu Recht seine eigenen Vorlieben hat. Es hilft hier, ab und zu in sich hinein zu lauschen und sich zu fragen: "Wonach ist mir denn? Worauf habe ich Appetit? Was tut mir gut?" Wenn Sie plötzlich geradezu Heißhunger auf ein Stück Schokolade oder auf eine Scheibe Pumpernickel mit Griebenschmalz verspüren, dann ist das ein Hinweis, ein Signal Ihres Körpers, dass in dem Stück Schokolade oder in dem Griebenschmalz etwas steckt (nämlich Zucker bzw. Fett), was Ihr Körper in diesem Augenblick braucht. Übrigens: Wem Vollkornbrot mit Margarine + Müsli schmeckt und wer das verträgt, der mag ruhig dabei bleiben. Wer kein Ei zum Frühstück mag, der soll es lassen. Wer aber gern ab und zu ein Leberwurstbrot isst oder eine Schweinshaxe, wer sich schon wochenlang auf die Weihnachtsgans freut, der sollte sich von niemandem einreden lassen, dass er sich damit ein frühes Grab schaufelt, der kann das angstfrei genießen. Man isst eine Gans ja schließlich auch nicht täglich.

Hier ist allerdings eine mir wichtige Einschränkung zu machen: wer an einer Stoffwechselerkrankung, z.B. Diabetes leidet, wessen Organismus also infolge eines Mangels, in diesem Fall des Fehlens von Insulin, nicht in der Lage ist, alles, was ihm zugeführt wird, korrekt zu verarbeiten, der sollte sich an die konkreten Anweisungen seines Arztes halten. Auch Menschen mit einer sog. Koronaren Herzkrankheit, die vielleicht auch schon einen Herzinfarkt hinter sich haben, sollten etwas vorsichtiger sein. Hier mag im einen oder anderen Fall auch mal eine medikamentöse Senkung des Cholesterins angebracht sein. Aber hierbei geht es um die Behandlung von Kranken. Das ist etwas völlig anderes, als wenn man Gesunden einredet, sie wären eigentlich krank, wüssten es nur noch nicht.

Ansonsten aber gilt:

Eine ausgewogene Ernährung, schmackhaft, aus guten Zutaten, möglichst selbst zubereitet, am besten im Kreis der Familie oder im Freundeskreis genossen, hat immer noch etwas von einem Fest an sich, sie kann und sie soll Freude machen. Nicht umsonst spricht man von einer "Esskultur". "Essen" ist allemal mehr als pure Nahrungszufuhr! Dadurch unterscheidet sich der Mensch vom Tier. Bei all dem ist nicht die Menge das Entscheidende - ich rede hier nicht der Völlerei das Wort -, sondern die Qualität. Lieber weniger, aber gut!

Man könnte es auch so formulieren: die Ernährung hat, so lange man sich an das hält, was seit Generationen in unseren Familien üblich war, keinen negativen Einfluss auf unsere Gesundheit, auch wenn nicht wenige Leute uns das weismachen wollen. Wir sind gut beraten, wenn wir uns an das erinnern, was unsere Eltern und Großeltern gekocht haben. Man hat das früher auch schon mal die "gutbürgerliche Küche" genannt. Sie war ausgewogen, schmackhaft und ausreichend. Eine bekannte TV-Köchin, Cornelia Poletto, hat einmal in einem Interview angeregt, man sollte Kindern die Faustregel beibringen: "Je mehr ich die Bestandteile eines Essens erkennen kann, desto besser ist es für mich." Und sie hat hinzugefügt: "Spaghetti mit frischer (!) Tomatensauce und Parmesan sind weit besser als eine typische Kantinen-Lasagne, die einer undefinierbaren Masse gleicht." Dem könnte man getrost den Rat hinzufügen, dass jedes Kind ordentlich kochen lernen sollte und zwar Buben ebenso wie Mädchen. Sobald man aber anfängt, an der Ernährung herum zu manipulieren, läuft man Gefahr, mehr Probleme zu erzeugen, als man behauptet, damit lösen zu können. Schließlich lehrt die Erfahrung, dass sich die entsprechenden Ratschläge ohnehin nahezu von Jahr zu Jahr ändern. (Seit geraumer Zeit wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben: Die "Laktoseintoleranz". Spielt bei Asiaten genetisch bedingt eine Rolle, bei uns ist sie extrem selten - aber ein Riesengeschäft!) Hier gilt auch: "Die Erkenntnis von heute ist der Irrtum von morgen."

Hierzu noch ein letzter Gedanke: Dass Essen sehr viel mit Freude zu tun hat, entspricht auch unserem christlichen Weltbild. Nicht umsonst stellen wir uns den Himmel als Ort eines Gastmahls vor und zwar eines orientalischen Gastmahls in all seiner Üppigkeit.

Ich hoffe doch sehr, dass ich dereinst bei diesem himmlischen Gastmahl, sollte ich dahin gelangen, nicht ausschließlich Vollkornbrot mit Margarine und wässrig angemachten Blattsalat vorgesetzt bekomme.

Kommen wir zum Schluss. Ein von mir sehr geschätzter Autor, Franz Wuketits, Inhaber eines Lehrstuhls für Biowissenschaften an der Universität Wien, der sich u.a. auch mit der Entwicklung unserer Essgewohnheiten beschäftigt hat - Franz M. Wuketits: Wie der Mensch wurde, was er isst. Die Evolution menschlicher Ernährung, Stuttgart 2011 -, hat unsere Überlegungen treffend auf den Punkt gebracht: Er schreibt, ich zitiere: "Es gehört ... zu einer von staatlichen und überstaatlichen Organisationen betriebenen Entmündigungsstrategie, dem Einzelnen vorschreiben zu wollen, was gesund ist und was nicht, was er essen soll und was nicht. ... Der Einzelne ist gut beraten, sich darauf zu besinnen, was ihm als Individuum guttut und was nicht. Sein Körper nämlich "kennt" die eigenen Bedürfnisse weit besser als jede auf (sog.) "ernährungs-wissenschaftlichen" Erkenntnissen beruhende Gesundheits-Politik. ... Der mündige Konsument, der auch noch die Signale seines Körpers zu deuten versteht, sollte wissen, was und wie viel an Nahrung er benötigt." (Wuketits, 106 f.)

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Schließen möchte ich mit dem Wort eines Weisen aus dem Alten Testament, Kohelet, der etwa 200 Jahre vor Christus seine Zeitgenossen folgendermaßen ermunterte und dessen Rat auch wir beherzigen könnten:

"Iss freudig dein Brot und trink vergnügt deinen Wein!" (Koh 9,7)

DrJoachin Sudergat

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